Freitag, 26. November 2010

Sind wir nicht alle ein bisschen Gaudí?

Für Euch gelesen - und für "lesenswert" befunden!

Das Buch:
Jens-Uwe Meyer, Das Edison-Prinzip - Der genial einfache Weg zu erfolgreichen Ideen, Campus Verlag, Frankfurt/Main

Meine Meinung dazu:
Nach der Lektüre von knapp 200 Seiten hatte ich die Antwort auf eine Frage, die ich mir noch nie zuvor gestellt hatte: „Warum ist aus mir (noch) kein Erfinder geworden?“ Der Autor Jens-Uwe Meyer stellt Kreativität (leider) nicht als Disposition in Frage. Meyer wird nicht müde, dem Leser einzutrichtern, dass Kreativität, Ideenreichtum und auch Erfindergeist keine Gaben sind, die einem in die Wiege gelegt werden. Sie sind das Ergebnis harter Arbeit, die sämtliche Ressourcen in Anspruch nimmt: Zeit, Geld und Kraft! Mut, Ausdauer und Liebe am Scheitern! Den Blick für Probleme und die Hartnäckigkeit, sie zu lösen. Das seien Opfer, die jeder bringen könne. Jeder, der wolle! Aus diesem Grund sei es falsch, neidisch auf Genies wie Wolfgang A. Mozart, Antoni Gaudí oder den Vater der Glühbirne Thomas Edison zu schielen - und sich einzureden, dass dies ja „Ausnahmetalente“ wären.
Wer sich mit diesem Gedanken noch nie auseinander gesetzt hat und nach guten Strategien sucht, Erfolg und Kreativität zu verbinden, dem sei das Buch wärmstens empfohlen. Der Leser wird systematisch auf dem Weg vom Geistesblitz zur erfolgreichen Vermarktung einer Idee begleitet, veranschaulicht an vielen Beispielen, Übungen und Tipps. Unterhaltsam zu lesen, allerdings bietet der Blumenstrauß an Techniken nur demjenigen methodischen Mehrwert, der sich zuvor erst oberflächlich mit dieser Thematik beschäftigt hat: Das Etablieren einer Fehlerkultur, das Bevorzugen von offenen Fragen zur Konzeptanalyse, die Perspektivübernahme beim Eruieren von Möglichkeiten – so richtig viel Neues für den Werkzeugkasten wird einem Geistes- und Sozialwissenschaftler nicht geboten.
Und trotzdem schließt man das Buch mit dem guten Gefühl, Genialität sei erlernbar. Und mit dem unguten Gefühl, dass man dafür nicht nur hart, sondern sehr hart arbeiten muss. Nach der Lektüre gibt es auf jeden Fall keine selbstwertdienlichen Ausreden mehr, man wäre ein verkanntes Genie. Und darin besteht der eigentliche Charme des Buchs: Du bist Edison! Du bist Mozart! Du bist Gaudí!

Viele Grüße
Stefanie

Dienstag, 16. November 2010

Mensch oder dummes Stück Fleisch?

Was mich die letzten Wochen beschäftigt hat, war die Frage: Welches Menschenbild haben Ärzte von ihren Patienten? Meine Erfahrungen basieren auf ca. 10 Kontaktpunkten zu drei Ärzten. Keine repräsentative Stichprobe, doch genug, um mir diese Frage stellen zu dürfen. Ich habe mittlerweile starke Zweifel daran, dass ich von diesen drei Ärzten als eigenständig denkendes, intelligentes und emotionales Wesen gesehen werde. Dabei geht man davon aus, dass Ärzte in ihrer Ausbildung nicht nur physisch-chemische Zusammenhänge lernen, sondern auch eine psychologische Kompetenz im Umgang mit kranken Menschen entwickeln. Durch meine Erfahrungen mit dem medizinischen System in den letzten Monaten bin ich mir da nicht mehr ganz sicher, worauf die Ausbildung abzielt und welchen Anteil an der mangelnden Sozialkompetenz meiner Ärzte die stetigen Kürzungen im medizinischen Versorgungssystem haben. Sie könnten also, wenn sie dürften! Sie wollen aber nicht, weil sie es nicht bezahlt kriegen! Eine kränkende Erkenntnis für mich, doch ein logisches Ergebnis aus der Tatsache, dass Krankheit ein Geschäft ist.

Gemäß der Kontrolltheorie (Frey & Greif, 1997) sind Menschen bestrebt, Ereignisse und Zustände in ihrer Umwelt kontrollieren zu können, d.h. konkret: Wir wollen Dinge erklären, vorhersagen und beeinflussen können. Bei meinen letzten Behandlungen haben meine Ärzte nicht besonders viel Wert darauf gelegt, mir das Gefühl zu geben, ich könne in dem Genesungsprozess etwas kontrollieren, etwas erklären, etwas vorhersagen oder beeinflussen. Dass einem das kein gutes Gefühl bei der Arztwahl und beim Heilungsprozess gibt, liegt auf der Hand. Natürlich hatte ich immer die freie Wahl darüber, ob die Behandlung durchgeführt wird, doch eigentlich wusste ich nicht, warum gerade diese Behandlung, welche anderen Alternativen es noch gab, welche Vor- und Nachteile diese für mich hätten und warum der Arzt nur diese Behandlungsart für den richtigen nächsten Schritt hielt. Meistens habe ich noch nicht einmal verstanden, was mir fehlte. Ich musste mich mit Aussagen begnügen wie: „Ich vermute, sie haben X, nehmen sie Y. Wenn es nicht besser wird, kommen sie in 14 Tagen wieder.“ Ich musste mir das Gefühl an Kontrolle erzwingen, indem ich penetrant gefragt habe (Was heißt das? Wieso? Weshalb? Warum?). Ich bin damit nicht auf Gegenliebe gestoßen. Im Gegenteil, ich kam mir vor, wie ein lästiger, besserwisserischer und anstrengender Kunde, wenn der Arzt widerwillig, einsilbig und leicht genervt antwortete. Kontrolle habe ich dadurch wiedererlangt, indem ich einfach im Internet gegoogelt habe was z.B. ein Morton Neuron ist. Meinen Orthopäden habe ich damit wahnsinnig gemacht, als ich die verschriebenen Tabletten nicht genommen habe, weil ich im Internet den Hinweis gefunden habe, dass es vor 2 Jahren eine Rückrufaktion gab und manche Apotheken immer noch vor dem Medikament warnen. „Genau aus dem Grund habe ich 7 Jahre Medizin studiert! Weil Sie die Lösung nicht im Internet finden!“ Gut, verständlich. Aber weniger verständlich war der Nachsatz: „Nur weil sie so intelligent sind, erkläre ich Ihnen das alles jetzt so genau. Ich bekomme dafür nur 27,50 Euro von der Krankenkasse.“ Ah ja, gut zu wissen, dass er meine Fragen bereitwilliger beantworten würde, wenn er das doppelte Honorar abrechnen dürfte. Außerdem sind 27,50 Euro für 10 Minuten gar nicht so schlecht!

Ich glaube gar nicht, dass Ärzte grundsätzlich kein Interesse am psychischen Wohlbefinden Ihrer Patienten haben. Sie haben nur wenig Behandlungszeit zur Verfügung und müssen mit Leistungen sehr effizient umgehen. Dabei nehmen sie in Kauf, dass die Beziehung und die Vertrauensebene zwischen ihnen und dem Patienten darunter leidet. Doch leider vernachlässigen Sie, dass das notwendige Vertrauen nicht durch einen Satz Smalltalk am Anfang aufgebaut werden kann – in meinem Fall immer: „Wo kommen Sie her, Sie haben keinen deutschen Namen?“ Denn nur mit viel Vertrauen in die Kompetenz und die Erfahrung des Arztes ist die Kontrollmotivation des Patienten verringert. Vertrauen entsteht bei mir vor allem dadurch, dass der Arzt mich ernst nimmt, mir den Sachverhalte erklärt und mir die Möglichkeit gibt, nachzufragen. Stichwort: Transparenz! Nur weil der Arzt weiß, wo Kroatien liegt, heißt das noch lange nicht, dass ich ihm blind vertraue. Solange ich kein Vertrauen zu ihm habe und er mir auch nicht das Gefühl der Kontrolle vermitteln kann, fühle ich mich ziemlich ausgeliefert, weil der Prozess, die Sprache und die Diagnose nicht durchsichtig genug für mich sind.

Letztendlich geht es um die Anwendung der Change Management Prinzipien in der Patientenkommunikation. Denn ähnlich wie in einem organisationalen Veränderungsprozess ist auch Kranksein mit Unsicherheit und Ängsten verbunden und eigentlich ein richtiger Change. Da könnte sich so manch ein Arzt starke und glaubwürdige Führungskommunikation von guten Change Managern abschauen (siehe unser Hebel 2).

Was kann man tun? Ich für meinen Teil werde den drei Ärzten wohl auch weiterhin mit meinen Fragen auf die Nerven gehen - solange bis die Ärzte merken, dass diese Entwicklung gefährlich für das medizinische System ist.

Montag, 15. November 2010

Managementdiagnostisches Kurzgutachten zu Wolfgang Schäuble

vom 4.11.2010.
Herr S. ist Bundesfinanzminister, 68 Jahre alt, wohnhaft in Gengenbach im Schwarzwald.

Zu begutachtende Dimensionen:
• Auftreten und Kommunikation
• Führungsverhalten
• Selbststeuerung

Eignungsdiagnostisches Instrument:
Pressekonferenz des Bundesfinanzministeriums.
Der Kandidat führt in der Rolle des Bundesfinanzministers zusammen mit seinem 51jährigen Pressesprecher eine Pressekonferenz durch, um die anwesenden Fachjournalisten der Berliner Presse über die aktuellen Zahlen zu den steigenden Steuereinnahmen zu informieren. Kurz vor der Pressekonferenz hat der Kandidat in einer Besprechung noch Änderungen an den Unterlagen eingefordert. In der nun beginnenden Pressekonferenz ist der Pressesprecher der Meinung, die Unterlagen inklusive der neuen Details seien bereits an die Journalisten verteilt worden. Die Übung beginnt mit der Begrüßung durch den Pressesprecher.


Video-Mitschnitt der eignungsdiagnostischen Übung:
"Reden Sie nicht, Herr Offer!"


Berufsbezogenes Persönlichkeitsbild aufgrund der Beobachtungen
Auftreten und Kommunikation
  • Herr S. ist bekannt dafür, dass Gespräche mit ihm, „die Strenge eines Staatsexamen besitzen“ (der Spiegel 21/2010), er fordert seine Gesprächspartner heraus.
  • Sein Auftritt: Herr S. rollt selbstbewusst und mit lächelndem Gesicht mit dem Rollstuhl in den Sitzungssaal, er verfügt dabei über eine dynamische Ausstrahlung, wendet sich körperlich dem anwesenden Auditorium, später dem Pressesprecher zu.
  • Herr S. sitzt unruhig und bewegt sich oft auf dem Stuhl als finde er keine angenehme Sitzhaltung.
  • Herr S. spricht verhältnismäßig schnell und verwendet eine vom Dialekt eingefärbte Sprache: Er benutzt Formulierungen, die wenig Respekt sowohl für die Anwesenden als auch den Mitarbeiter zum Ausdruck bringen (ironisch zu den Journalisten): „Im Gegensatz zu Ihnen hab ich ja Zeit!“ (Zitat)
  • Spricht mit sarkastischem Unterton und maliziösem Grinsen
  • Ist in der Formulierung seiner Forderungen sehr klar und eindeutig und unterbricht seine Kommunikationspartner unwirsch: „Reden Sie nicht, Herr Offer, sorgen Sie dafür …“ (Zitat).
  • Scheut sich nicht davor, andere coram publico bloß zu stellen/ zu düpieren.
  • Badet sich in seiner Überlegenheit: „Ich hatte Ihnen vor einer halben Stunde die Wette angeboten, Sie werden es nicht verteilt haben!“ (Zitat).
  • Spricht von Nicht-Anwesenden mit wenig Respekt jedoch mit Schadenfreude: „Kann mir mal einer den Offer herholen, der soll den Scherbenhaufen schon selbst genießen“ (Zitat).
  • Zeigt sich hartnäckig darin, wiederholt öffentlich zum Ausdruck zu bringen, dass sein Mitarbeiter einen Fehler gemacht hat und hat sichtlich Freude am Schaden des anderen.
  • Erweckt den Eindruck, wenig Hürden überwinden zu müssen, um Emotionen ungefiltert zum Ausdruck zu bringen: unterbricht und verlässt deutlich ungehalten und verärgert die Versammlung, da nicht alle Rahmenbedingungen seinen Vorstellungen entsprechen; lässt andere dadurch warten, drückt damit seine gefühlte Erhabenheit aus.
  • Lässt nach deutlicher Kritik auch im zweiten Teil der Konferenz nicht ab; nutzt jede Gelegenheit, demütigend auf das Malheur des Mitarbeiters zu verweisen.
Führungsverhalten
  • Gilt als harte und unnachgiebige Führungskraft, die autoritär führt und Gutsherren-artig agiert.
  • Ist bekannt für sein Misstrauen, teilt bspw. Informationen nur mit wenigen Mitarbeitern.
  • Stellt die eigenen hohen Ansprüche an sich selbst auch an seine Mitarbeiter; ist hier klar in seinen Erwartungen und macht deutlich, wenn diese nicht erfüllt wurden.
  • ‚Regiert‘ seine Behörde nach dem Motto „Wer Macht hat, kann machen was er will“; stellt dabei bei der Interaktion Hierarchie und Machtverhältnis in den Vordergrund.
  • Während es per Definition die Aufgabe des Pressesprechers ist, den Minister in der Öffentlichkeit in ein gutes Licht zu stellen, scheut sich Herr S. nicht davor seinen Mitarbeiter in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu stellen - das Verhältnis ist also nicht von Gegenseitigkeit geprägt.
  • Möglicherweise aufgrund seiner hohen Ansprüche, können die Mitarbeiter das Vertrauen von Herrn S. verlieren, dies bringt er deutlich zum Ausdruck, in dem er sein Misstrauen in ihre Leistungsfähigkeit formuliert („Ich hatte Ihnen die Wette angeboten, sie werden es nicht geschafft haben“ und „Zeigen Sie mal her, was Sie da verteilen, ich bin vorsichtig jetzt!“ Zitate).
  • Übt Kritik an unerwünschtem Verhalten seiner Mitarbeiter unmittelbar, allerdings beachtet er dabei nicht die Rahmenbedingungen und die Atmosphäre der Situation.
  • „Fehler der Mitarbeiter sind Fehler des Chefs- jedenfalls nach außen“ - dieser Leitsatz aus dem preisgekrönten Management-Standardwerk "Führen, leisten, leben" von Fredmund Malik ist Herrn S. scheinbar nicht bekannt.
  • Stärkt dem Mitarbeiter in der Öffentlichkeit nicht den Rücken sondern verhält sich illoyal; nutzt dabei aus, dass der Mitarbeiter in Abhängigkeit steht und sich nicht wehren kann
  • Wirft in seinem von außen beobachtbaren Verhalten die Frage auf, inwieweit er bei mehrmaliger Unzufriedenheit mit Mitarbeitern auch Konsequenzen zieht und das Arbeitsverhältnis auflöst, anstatt die konfliktäre Situation aufzulösen oder auf die Spitze zu treiben
Selbststeuerung
  • Gilt als sehr tüchtig.
  • Gibt sich authentisch und verstellt sich nicht.
  • Ist sehr selbstdiszipliniert und bekannt dafür, hart zu sich selbst zu sein und sich nie zu schonen.
  • Begegnet der hohen Belastung durch seine Erkrankung mit eisernem Willen, stellt sich den durch das Schicksal auferlegten Prüfungen.
  • Die ungehobelte Art lässt Frustration vermuten: steht unter hoher Anspannung; eventuell hat er gesundheitliche Probleme (Heilungsprozess der OP-Wunden), die er nicht preis geben möchte.
  • Ist dafür bekannt, sich oft intellektuell überlegen zu fühlen.
  • Hält sich selbst für unfehlbar, sonst würde er nicht mit Überheblichkeit die „Schuld“ seines Mitarbeiters in den Mittelpunkt stellen: „Der soll seinen Scherbenhaufen schon selbst genießen“ (Zitat).
  • Führungskräfte an der Spitze haben bei Fehlverhalten oft keine Konsequenzen zu befürchten, so geht es auch Herrn S.; Gehört zu den Führungskräften, die selten Kritik von anderen erhalten und daher offensichtlich im Lauf vieler Jahre ein getrübtes Selbstbild entwickeln, welches die Entwicklung der Persönlichkeit nicht positiv beeinflusst.
  • Ist nicht in der Lage, eine realistische Selbsteinschätzung vorzunehmen.
  • Hat sich selbst nicht steuernd im Griff, verliert die Beherrschung.
  • Viele Führungskräfte haben eine hohe Beeinflussungsmotivation. Diese muss aber nicht mit Selbstherrlichkeit einher gehen. Im Fall von Herrn S. wird jedoch in der Pressekonferenz gerade die Selbstherrlichkeit deutlich.
  • Zeigt ein eingeschränktes Verhaltensrepertoire und scheint wenig Verhaltensalternativen zum Umgang mit Ärger zur Verfügung zu haben. Es erweckt den Eindruck, dass Herr S. durch seine ausgeprägte Machtposition das Gespür für soziale Normen verloren gegangen ist; er ist nicht (mehr) in der Lage, seine Impulse zu unterdrücken, weil er gelernt hat, dass die Umwelt dies zulässt, auch wenn diese das nur aufgrund ihrer Abhängigkeit tut.
  • Zeigt sich immerhin selbstkritisch in seiner Stellungnahme („bei berechtigter Verärgerung vielleicht überreagiert“, Zitat)
Das empfehlen wir Herrn Wolfgang Schäuble:
  • In der Verärgerung seine Emotionen zu steuern: Dies würde bedeuten, die eigenen Emotionen zu analysieren, die Sach- von der Beziehungsebene zu trennen und sich für die Bewertung der Situation etwas Zeit zu nehmen (bspw. die berühmte "Nacht drüber zu schlafen").
  • In der Kommunikation allgemein auf respektvolle, wertschätzende Formulierungen achten.
  • Andere, auch unterstellte Mitarbeiter, nicht zu unterbrechen.
  • Mit Mitarbeitern ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, Misstrauen führt zu Demotivation und Schlechtleistung.
  • Mitarbeitern wertschätzendes Feedback zu geben, also dem Mitarbeiter die inhaltlichen Fehler erläutern, Lösungsansätze zur Verhaltensänderung aufzeigen und die Verhaltensänderung einfordern; dabei unbedingt die Rahmenbedingungen beachten wie bspw. eine ungestörte Situation, die Möglichkeit zum Vier-Augen-Gespräch.
  • Außerhalb des eigenen Teams als eine geschlossene Mannschaft aufzutreten, den Schulterschluss zu demonstrieren; Mitarbeitern den Rücken zu stärken.
  • Sich der sozialen Normen wieder bewusst zu werden; zu hinterfragen, welche Situation und welcher Kommunikationsstil geeignet ist, einen Mitarbeiter zu kritisieren und persönlich in Frage zu stellen. Soziale Hürden wieder spüren zu lernen.
  • Unser Training für Führungskräfte Führen ist Kopfsache
gez.:
Diana Westerteicher

Donnerstag, 4. November 2010

"Darf man das?"

Ich bin mal wieder hier, dieses Mal mit einer moralischen Frage, die diese Tage bei uns im Büro auftauchte: „Darf man das?“


Es kam zu dieser Frage – die unsere Belegschaft in zwei Lager spaltete – weil ich mich in einem Geschäft in der Stadt beraten ließ und dann die Ware nicht in dem Geschäft gekauft, sondern im Internet bestellt habe. Nun ist es so, dass ich dafür natürlich meine Gründe hatte. Die Beratung wäre nämlich gar nicht wirklich nötig gewesen, ich wollte lediglich das Gerät, über das ich mich schon kundig gemacht hatte noch in „live“ sehen und da stand auch schon ein netter Verkäufer neben mir. Er hat mir im Endeffekt alles bestätigt, was ich schon wusste und war sehr nett und fachlich gut. Jedoch hat er einen kleinen Fehler gemacht und sich zwischendrin mit anderen Kunden beschäftigt. Dies kam mir natürlich entgegen – schließlich hatte ich nicht die Absicht, für das Gerät um 300,- € mehr zu bezahlen als im Internet. Ich machte mich also aus dem Staub und habe damit dem Verkäufer Aufwand beschert, ohne die ehrliche Absicht gehabt zu haben, ihm etwas abzukaufen.

Moralisch ist dies natürlich eine Gratwanderung – und wenn ich ehrlich bin, habe ich mir sogar kurz überlegt, dem netten Verkäufer zuliebe die Ware direkt zu kaufen. Aber 300,- € sind kein Pappenstil!


Wir kamen dann auf die Frage, ob Läden, die auf moralischen Grundlagen basieren, überhaupt funktionieren können. Bestes Beispiel ist meiner Ansicht nach hier immer noch das Konzept der „Blumen selber schneiden“-Felder. Da gibt es irgendwo im Nirgendwo ein Feld mit einer Kasse und man kann sich Blumen selbst abschneiden. Neben der Kasse hängt eine Preisliste – die meiner Meinung nach mit sehr teuren Preisen ansetzt. Dennoch, ich bin bisher erst 1x ohne Bezahlen gegangen und habe dafür beim nächsten Mal mehr Geld reingeworfen als nötig gewesen wäre. Da zieht das schlechte Gewissen!

Aber wie ist das nun mit Internetbestellungen? Könnte man nicht auch sagen, dass Geschäfte, wie man sie bisher kannte, aussterben? Dass mein Verhalten nur das Verhalten von vielen spiegelt und sozusagen die „Evolution der Wirtschaft“ auch darin besteht, dass der Einzelhandel - so wie wir ihn bisher kennen - sich (zumindest in einigen Branchen) verändern muss, oder eben ausstirbt? Dass man eben nur noch zum beraten und ansehen ins Geschäft geht und dann im Internet bestellt?

Oder hätte einfach nur der Verkäufer „dran bleiben“ müssen? Hätte es etwas genutzt, wenn er mir gesagt hätte „Wenn Sie das Gerät kaufen, ist es zwar etwas teurer als im Internet, aber dafür ist die Lieferung kostenlos und Sie haben verlängerte Garantie“? Vielleicht…

Hinterher kann man immer nur Vermutungen anstellen.

Ich für meinen Teil habe beschlossen, dass ich den Verkäufer das nächste Mal zumindest mit der Preisdifferenz konfrontieren werde. Vielleicht ist er dann ja so schlau – falls er berechtigt dazu ist – mich mit einem kreativen Verkaufsargument zu knacken. Zumindest die Chance dazu bekommt er! :)

Liebe Grüße
Verena