Donnerstag, 4. November 2010

"Darf man das?"

Ich bin mal wieder hier, dieses Mal mit einer moralischen Frage, die diese Tage bei uns im Büro auftauchte: „Darf man das?“


Es kam zu dieser Frage – die unsere Belegschaft in zwei Lager spaltete – weil ich mich in einem Geschäft in der Stadt beraten ließ und dann die Ware nicht in dem Geschäft gekauft, sondern im Internet bestellt habe. Nun ist es so, dass ich dafür natürlich meine Gründe hatte. Die Beratung wäre nämlich gar nicht wirklich nötig gewesen, ich wollte lediglich das Gerät, über das ich mich schon kundig gemacht hatte noch in „live“ sehen und da stand auch schon ein netter Verkäufer neben mir. Er hat mir im Endeffekt alles bestätigt, was ich schon wusste und war sehr nett und fachlich gut. Jedoch hat er einen kleinen Fehler gemacht und sich zwischendrin mit anderen Kunden beschäftigt. Dies kam mir natürlich entgegen – schließlich hatte ich nicht die Absicht, für das Gerät um 300,- € mehr zu bezahlen als im Internet. Ich machte mich also aus dem Staub und habe damit dem Verkäufer Aufwand beschert, ohne die ehrliche Absicht gehabt zu haben, ihm etwas abzukaufen.

Moralisch ist dies natürlich eine Gratwanderung – und wenn ich ehrlich bin, habe ich mir sogar kurz überlegt, dem netten Verkäufer zuliebe die Ware direkt zu kaufen. Aber 300,- € sind kein Pappenstil!


Wir kamen dann auf die Frage, ob Läden, die auf moralischen Grundlagen basieren, überhaupt funktionieren können. Bestes Beispiel ist meiner Ansicht nach hier immer noch das Konzept der „Blumen selber schneiden“-Felder. Da gibt es irgendwo im Nirgendwo ein Feld mit einer Kasse und man kann sich Blumen selbst abschneiden. Neben der Kasse hängt eine Preisliste – die meiner Meinung nach mit sehr teuren Preisen ansetzt. Dennoch, ich bin bisher erst 1x ohne Bezahlen gegangen und habe dafür beim nächsten Mal mehr Geld reingeworfen als nötig gewesen wäre. Da zieht das schlechte Gewissen!

Aber wie ist das nun mit Internetbestellungen? Könnte man nicht auch sagen, dass Geschäfte, wie man sie bisher kannte, aussterben? Dass mein Verhalten nur das Verhalten von vielen spiegelt und sozusagen die „Evolution der Wirtschaft“ auch darin besteht, dass der Einzelhandel - so wie wir ihn bisher kennen - sich (zumindest in einigen Branchen) verändern muss, oder eben ausstirbt? Dass man eben nur noch zum beraten und ansehen ins Geschäft geht und dann im Internet bestellt?

Oder hätte einfach nur der Verkäufer „dran bleiben“ müssen? Hätte es etwas genutzt, wenn er mir gesagt hätte „Wenn Sie das Gerät kaufen, ist es zwar etwas teurer als im Internet, aber dafür ist die Lieferung kostenlos und Sie haben verlängerte Garantie“? Vielleicht…

Hinterher kann man immer nur Vermutungen anstellen.

Ich für meinen Teil habe beschlossen, dass ich den Verkäufer das nächste Mal zumindest mit der Preisdifferenz konfrontieren werde. Vielleicht ist er dann ja so schlau – falls er berechtigt dazu ist – mich mit einem kreativen Verkaufsargument zu knacken. Zumindest die Chance dazu bekommt er! :)

Liebe Grüße
Verena

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen